Wenn das Kino zu sich selbst findet: Everything Everywhere All At Once


Viel ist geschrieben und geredet worden über diesen Film, der da urplötzlich in aller Munde und auf allen Schirmen war. Und eins steht fest: Es kann so etwas Hinreißendes und Zauberhaftes entstehen, wenn Menschen das Risiko in Kauf nehmen (können?), etwas vollkommen Neues zu machen, statt aus Gründen des Risikomanagements immer nur einen Aufguss des bereits Bekannten fortzusetzen.

Dabei bietet der Film die wundervollste Allegorie auf das Kino und den Film an sich seit Llorando im Club Silencio. Denn ist nicht der Film, das Kino an sich ein Multi-, ein Panversum, ein Medium, in dem alles, wirklich alles gleichzeitig möglich ist, in dem sich alle potentiellen Möglichkeiten realisieren können, und in dem doch gilt „nothing matters“? Ist ja alles nicht echt! Alles Illusion! Wir Zuschauer sitzen dann vor dem schwarzem Donut, und uns beschleicht dasselbe Gefühl wenn wir durch dessen Loch blicken, wie wenn wir in eine schwarze, runde Kameralinse blicken. Unsere Augen sehen durch die potentiell gleichzeitige Realisierung von allem ins gruselige, uns dennoch (oder deshalb?) anziehende Nichts. Und dann findet sich doch alles, denn ist es nicht der Zauber des Kinos, dass es aus seiner eigenen Bedeutungs- und Sinnlosigkeit heraus eine kleine Geschichte erzählen kann, die so vielen Menschen tief im Herzen berührt, und die eine Antwort auf alle Fragen und Probleme geben könnte: Schätze das, was du hast! Liebe diese Welt, die Menschen und diesen Planeten und das ganze Universum! Genau dieses Universum, in dem wir entgegen aller Wahrscheinlichkeit auf einer so wunderbaren blauen Murmel im großen weiten Nichts leben dürfen. Lass uns diesen temporalen Wimpernschlag, der uns gegeben ist, genießen, und lass uns aufhören uns gegenseitig die Köpfe einzuhauen. Habe Verständnis mit dem dir Unbekannten und sei einfach mal verdammt nochmal nett zu anderen.

Und boom, dann hat einen der schwarze Donut eingesaugt und spuckt einen wie eine sich noch drehende, fertig abgespulte Filmrolle mit einem wooosh wieder aus. Und man liegt dann halb erschlagen, aber glücklich da und denkt sich, ja, so macht, so hat Kino Sinn.


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